Theorie


1. Begriffserklärung


Der Begriff Mantrailing stammt aus dem Englischen:

 

Man = Mensch/Person

Trail = Pfad/Spur

To trail = einer Spur folgen

Pet = (Haus)Tier

 

Beim Mantrailing folgt der Trail-Hund der individuellen Spur eines bestimmten Menschen. Pettrailing bedeutet, dass ein bestimmtes Tier gesucht wird. Dazu benötigt der Trailer (Hundeführer) einen Geruchsgegenstand des gesuchten Menschen resp. Tieres. Dies kann ein getragenes Kleidungsstück, ein Schlüsselbund, Handycover, Autotürgriff etc. sein (resp. bei Tieren ein Halsband, Schlafdecke) – also alles, was ausschliesslich den Individualgeruch der gesuchten Person auf sich trägt. Wir verwenden in unseren Trainings Kleenex, die die Zielperson (ZP) auf dem Körper getragen und somit den Geruch darauf übertragen hat. Ab 2021 werden wir auch mit DNA-Sticks arbeiten.

 

Beim „Geruch“ handelt es sich streng genommen um Geruchsmoleküle, die bei jedem Lebewesen einzigartig sind, vergleichbar mit der DNA oder einem Fingerabdruck. Sie bestehen aus Hautzellen, Duftdrüsensekreten, Schweiss und vielem mehr.

 

 


2. Suchen ist nicht gleich Suchen


Tracking – Air Scenting – Trailing – was ist der Unterschied?

 

Tracking nennt man die Fährtenarbeit, bekannt z.B. aus dem Begleithundebereich (BH). Der Hund arbeitet mit tiefer Nase und soll so nahe wie möglich auf der gelegten Spur arbeiten. Dabei orientiert sich der Hund an der Bodenverletzung, die die Fussabdrücke hinterlassen. Wer im Sporthundebereich „neben der Spur“ läuft oder Abkürzungen in den Winkeln macht, bekommt Abzüge in der Bewertung. Andere Formen der Fährtenarbeit sind sogenannte Geruchsfährten, z.B. eine Pansenwasser-Spur, Thonfischwasserspur, Schleppen eines gefüllten Beutels etc. In diesen Bereichen orientiert sich der Hund am gelegten oder geschleppten Duftes.

 

 

Air Scenting ist die Flächensuche. Dabei arbeiten die Hunde nach einem gewissen System oder Raster und suchen dabei das gesamte vorgegebene Gelände ab. Je nachdem, wie die Hunde ausgebildet sind, zeigen sie unter Umständen alles an, was sie im Gelände finden und als nicht dorthin gehörend betrachten (z.B. eine weggeworfene Getränkedose, ein angeschwemmter Schuh etc.). Natürlich finden sie so auch die Gegenstände (z.B. eine Jacke, ein Rucksack) oder eine Person – man denke hier an die Sanitätshunde aus dem Sporthundebereich – die sie wirklich suchen müssen. Die Revierarbeit im Begleithundewesen wird nach dem gleichen Prinzip gearbeitet. Man könnte es mit einem Staubsauger vergleichen, der den ganzen Boden absaugt, egal, ob er schmutzig ist oder nicht.

 

 

Trailing hingegen wird auf einen bestimmten Individualgeruch trainiert. Dabei wird der Trailhund an einem Geschirr mit langer Leine geführt. Es ist dem Hund frei gestellt, wie er den Trail arbeitet, ob er direkt auf der Spur läuft oder mehrere Meter daneben. Es hängt vom rassespezifischen sowie individuellen Suchverhalten ab, ob der Hund die Nase bei der Suche tief und/oder hoch hält, ob der Hund Abkürzungen nimmt, ob er ganze Wegstrecken einfach auslässt, weil er über Witterung an einem anderen Punkt wieder auf die Spur gelangt. Ziel ist es, die vermisste (versteckte) Person zu finden, und die fragt in der Realität* dann nicht, ob der Hund genau die gleiche Stecke zurück gelegt hat, die er/sie beim Verschwinden genommen hatte!

 

Natürlich wird in der Aufbauphase und noch lange darüber hinaus der Hund möglichst auf der Spur resp. dem Geruchsband geführt (dabei tolerieren wir Abweichungen von einigen wenigen bis zu mehreren Metern, je nach Ausbildungsstand des Teams), damit beide, der Hund sowie der Hundeführer lernen, die jeweilige Situation zu arbeiten resp. zu lesen. Diese Abweichungen von der Originalspur entstehen automatisch durch Wetter- und Umwelteinflüsse sowie der Zeitspanne, die zwischen dem Verstecken der Person und der Suche liegt. Wind, Regen, Hitze, Sonneneinstrahlung, Temperaturveränderungen, Luft- und Bodenfeuchtigkeit, Verwirbelung durch Verkehr, Vermischung durch viele Passanten (z.B. Bahnhöfe, Fussgängerpassagen etc.), der Faktor verstrichene Zeit sowie die Geländebeschaffenheit spielen eine wesentliche Rolle.

 

 

* Anmerkung zu Realeinsätzen:

 

Es ist in der Schweiz die Sache der Polizei, verschwundene oder vermisste Personen zu suchen. Unter Umständen zieht die Polizei dabei private Mantrail-Teams hinzu, sofern diese Teams die sogenannten Einsatz-Prüfungen bestanden haben und zuverlässig trailen.

 

3. Der Geruchssinn des Hundes


Die Nase des Hundes ist mit unzählig mehr Riechzellen ausgestattet als die des Menschen. Im Internet variieren diese Zahlen so stark, dass hier darauf verzichtet wird, Zahlen zu nennen. Der Teil des Gehirns, der für die Analyse von Gerüchen zuständig ist, macht beim Hund 10% aus, während beim Menschen dafür nur 1% reserviert ist. Zudem haben Hunde als sogenannte „Nasentiere“ (Makrosmaten) eine ca. 30 Mal grössere Riechschleimhaut als die Menschen, vergleichbar mit einer Briefmarke (5 cm2) beim Menschen und einem DIN-A4 Blatt (150 cm2) beim Hund. Hunde mit kürzeren oder platten Nasen (z.B. Mops, Boxer) haben eine kleinere Riechschleimhaut als Hunde mit langen Nasen und können dementsprechend weniger gut riechen – aber immer noch zig Mal besser als Menschen! Anders als beim Menschen, können Hunde "Stereo-Riechen", also separat mit jedem Nasenloch gleichzeitig unterschiedliche Gerüche erschnüffeln und auch analysieren.

 

4. Einsatzbereiche der Hundenase


Der Mensch macht sich diese überaus leistungsstarke Nase des Hundes seit Jahrhunderten zu Nutze, man denke hier an Jagdhunde, Katastrophen-Hunde (Trümmersuche, Lawinensuchhunde), Polizeisuchhunde (Drogen, Waffen, Geld, Sprengstoff, Leichen etc.) oder für Gourmets die Trüffelhunde. Es ist eigentlich ganz egal, WAS genau der Hund suchen soll, wichtig ist ein gut strukturierter Trainingsaufbau und das Verständnis des Hundeführers für die Art und Weise, wie SEIN Hund arbeitet. Um auf das Mantrailing zurückzukommen: Ein solider Aufbau unter erfahrenen Trainern ist das „A“, und das Lesen-Lernen seines eigenen Hundes ist das „O“ bei dieser überaus spannenden Tätigkeit/Arbeit!